Dem besten aller Freunde
Loslassen
den angestrengten Blick
messend, abgleichend
Sich loslassen
und hinausfluten
wie Licht
Standpunkt wird Weg
2D wird 3D
Auch ein Ostern
Dem besten aller Freunde
Loslassen
den angestrengten Blick
messend, abgleichend
Sich loslassen
und hinausfluten
wie Licht
Standpunkt wird Weg
2D wird 3D
Auch ein Ostern
Literaturexperten haben kürzlich ein Fragment entdeckt, das eine Variante eines bekannten Gedichts Theodor Fontanes darstellt. In der Fachwelt wird allerdings auch die Meinung vertreten, dass es sich dabei um eine Fälschung handeln könnte. Andere, wie z.B. die Germanistin Dr. Felicitas Gras, halten den Text für authentisch, gehen aber davon aus, Fontane habe unter dem Eindruck von Halluzinogenen geschrieben. Hier das Fragment nach dem Autograph Fontanes:
…
Da sagte von Ribbeck: „Ich scheide nun ab.
Legt mir einen Laptop mit ins Grab.“
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Apple-Netzwerk sprosst heraus.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt eine Cloud sich über‘m Grab.
Und in der goldenen Herbsteszeit
Flirren die Daten weit und breit.
Und kommt ein Jung’ über’n Kirchhof her,
So flüstert’s: „An Speicher wiste noch mehr?“
Und kommt ein Mädel, so flüstert’s: „Lütt Dirn,
Update auf Lebenszeit – heut‘ abonnier’n!“
So sendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Apfelland.
Wer glaubt, ich spräche damit eine Empfehlung für’s Apfelland aus, sei auf meine „Rückkehr aus dem Apfelland“ verwiesen – zu finden bei den Literarischen Miniaturen…
Ihre Blicke
treffen mich
zu dritt oder zu viert
morgens wie abends
mild und heilsgewiss
montags bis freitags
dreißig Mal pro Woche
mindestens
dreißig Mal pro Woche
mindestens
reizen sie mich
je nachdem
zu Mitleid
oder Mordgedanken
Seit Jahren haben mich keine Zeugen Jehovas mehr zuhause heimgesucht. Eine gute Stunde nach Abfassung dieses Textes klingelt es an der Haustür: Draußen stehen zwei Zeuginnen Jehovas – mild und heilsgewiss …
Noch tief in der Nacht, da ich schlafen mag,
besingen die Vögel den neuen Tag.
Ich liege noch gern,
bin nicht bildungsfern:
Man lobt nicht den Tag vor dem Abendschlag.
Seit einem Jahr Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Einer unter vielen auf der Erde, doch er betrifft uns in Deutschland emotional aus verschiedenen Gründen ungleich stärker als z.B. der syrische Bürgerkrieg. Er ist nah und er birgt von Anfang an die Gefahr einer atomaren Eskalation.
Ich gehöre zu denen, die von Beginn an für einen anderen Weg plädiert haben und immer noch plädieren. „Von Beginn an“ meint nicht 2022, sondern schon die beiden Jahrzehnte zuvor. Ja, ich bin immer noch überzeugt, dass die ungebremste NATO-Erweiterung nach Osten, die der Westen immer so gern mit dem dringenden Wunsch demokratisch legitimierter Staaten des ehem. Warschauer Pakts begründet, psychologisch und geostrategisch unverzeihlich dumm und verantwortungslos war. Ich glaube auch nicht an die Mär der guten Ukrainer und der bösen Russen. Auf beiden Seiten sind Nationalisten unterwegs, die Menschen in den Tod schicken, um fragwürdigen Ideologien zum Sieg zu verhelfen.
Dass ich im Zweifelsfall lieber in den USA leben würde als in Russland, bedeutet noch lange nicht, dass ich der amerikanischen Regierung alles glaube. Olaf Scholz hingegen halte ich für persönlich integer: Was er allerdings machen will, wenn der Ukraine die Soldaten ausgehen, würde ich schon gerne wissen. Lassen wir die verbliebenen Leopard-2-Panzer dann einfach durch eine Spedition abholen? Oder schicken wir deutsche Soldaten, die dann gegen russische kämpfen? Nein, gewiss, wir sind nicht im Krieg mit Russland. Ich gestehe, dass mir diese Logik nicht einleuchtet, auch wenn ich die deeskalierende Botschaft dahinter verstehe.
Im Herbst 2022 erscheint auf dem Display meines Autos die verheißungsvolle Anzeige: „In 1200 km wird der Anlasser gesperrt.“ Gut, dass ich gerade nicht in Süditalien unterwegs bin, sondern im Berufsverkehr auf der A5. Der Automechaniker meines Vertrauens tauscht für schlappe 600.- EUR den Additivtank aus und die Kiste läuft wieder. Kurze Zeit später dieselbe Anzeige. Ich habe weder Zeit noch Lust, schon wieder in der Werkstatt aufzuschlagen. Da ich wenig fahre, gehen wieder einige Wochen ins Land, bis ich mich dabei ertappe, vor jeder Fahrt nachzurechnen, ob ich damit noch … ich setze mich zum Skifahren ab (mit der Bahn), nicht ohne zuvor mein Auto in der Werkstatt abzugeben. Auf der Piste erreicht mich der Anruf: Die Einheit zur Abgasreinigung muss komplett getauscht werden (1800.- EUR). Wie günstig so ein Skipass ist. Ich verspreche, mich nach dem Wochenende zu melden. Mein Auto hat mir schon gute Dienste geleistet, ich fahre sehr gern damit (soweit mich mein ökologisches Gewissen lässt), und am nachhaltigsten wäre es, statt ein aufwändig produziertes Neufahrzeug anzuschaffen das alte noch ein paar Jährchen laufen zu lassen – zumal ich mit einem Verbrauch von 4,5l noch nie sparsamer unterwegs war. Doch leider wird es nicht bei dieser Reparatur bleiben. Nach 180.000 km muss der Zahnriemen ersetzt werden (1000.-) – mit dem jetzigen Kilometerstand reicht das gerade noch für einmal Neapel und zurück. Außerdem müssen die vorderen Bremsen gemacht werden (600.-) und – niente Neapel – ein Satz neuer Sommerreifen (500.-) ist fällig. Und das Ganze ohne Gewähr, dass mein Geldbeutel dann für eine Weile nicht mehr strapaziert wird. Wie schade.
Der Automechaniker meines Vertrauens bietet mir 2000.-, max. 2200.- für ein Auto, das eigentlich noch super läuft. Ich bin persönlich beleidigt und lasse eine Bewertung im Internet vornehmen. Die kommt bei über 6000.- heraus und schlägt mir gleichzeitig eine Werkstatt vor Ort zur Bewertung vor. Eine halbe Stunde dauert der Check. 2000.- , sagt der Verkäufer mit dem ältesten Trick der Welt, aber weil ich ihm sympathisch sei: 2500.-. Ein Fahrzeug in diesem Zustand sei auf dem Binnenmarkt nicht mehr verkäuflich und ginge direkt in den Export. Ich erinnere mich an das Kärtchen eines (vermutlich libanesischen) Autohändlers, das ich aufgehoben habe. Ich rufe an, eine halbe Stunde später klingelt es. Vor der Tür steht ein Syrer, tätig für einen libanesischen Autohändler. Ich mache den Motor an, er geht einmal um das Fahrzeug herum. Der Defekt, den ich ihm schildere, scheint ihn nicht sonderlich zu interessieren. Einen Moment brauche er wegen des Preises und verschwindet in seinem Auto. Zwei Minuten später klingelt es wieder. 4000.- hatte ich dreist gefordert, 3.300.- zahlt er mit einem dicken Bündel Scheine cash on the nail. Brief, Schein und Kennzeichen nimmt er mit zur Abmeldung. Zwei Stunden später ist er mit der Bescheinigung zurück und bekommt von mir die Schlüssel ausgehändigt. Als er mit meinem Auto davonfährt, werden meine Augen vom scharfen Wind feucht.
Wo MEIN Auto hingeht? Afrika, wahrscheinlich Südafrika, hat er gesagt. Vielleicht können die dort auch etwas mit dem typenspezifischen Dachträger anfangen, den ich in den Kofferraum gelegt habe. In den nächsten dreißig Jahren.
Ein Tiefschneekurs fand statt –
mein Traum vom Skifahr’n satt.
Doch kommt es leider oft
ganz anders, als man hofft.
Das erste Teil fiel weg,
denn unter’m Schnee kam Dreck.
So blieb ein “Schneekurs” stehn,
doch kann ein jeder sehn,
dass der Begriff verkehrt:
wird dort denn Schnee gelehrt?
Drum wird der “Schnee” gekappt
und “Ski” an “Kurs” gepappt.
So schmolz der Traum dahin;
Natur – du steckst nicht drin!
Sechs Männer im Sessellift
Bla
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.
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.
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Zwei Frauen im Sessellift
blablablablablablablablablablabla
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blablablablablablablablablablabla
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blablablablablablablablablablabla
blablablablablablablablablablabla
blablablablablablablablablablabla
blablablablablablablablablablabla
In meinem Lebensalter fragt Mann nach Herausforderungen, die das Herz höher schlagen lassen und Grenzerfahrungen für Körper und Psyche versprechen. Mit dem Rad in 200km-Tagesetappen ans Mittelmeer. Hallenklettern im 8. Grad. Eine Milchtüte öffnen.
Wie jedes ambitionierte Unterfangen braucht es lange Vorbereitung, sprich: geduldiges Training. Der 8. Grad klettert sich nicht aus dem Stand. Man beginnt ganz locker mit dem 3. und 4. Grad. Klappt das am Seil von oben (Toprope), dann im Vorstieg, was mental ein weiterer Schritt ist. Dann geht es zum 5., später zum 6. Grad. Die Beanspruchung steigt immer mehr. Zwar gibt es noch Griffe in Reichweite, aber sie sind so klein, dass meine Finger nicht genügend Kraft auf die kleine Fläche bringen können: sie rutschen sofort ab. Wenn ich das einmal schaffe, dann klappt es eines Tages vielleicht doch noch mit dem 7. oder 8. Grad. Genauso wie bei den Augentropfen: auf keinen Fall gleich damit anfangen! Stattdessen beginnt man relativ einfach, z.B. mit einer Packung Käseaufschnitt. Meine Bestzeit liegt hier, natürlich abhängig von den äußeren Bedingungen (Ist eine Lasche vorhanden oder nicht? Wie lange braucht es, sie zu finden?), bei 13 Sekunden. Bei den Milchtüten wird es schon anspruchsvoller. Im schlimmsten Fall kann es schon mal einige Anläufe brauchen, um die Herausforderung zu meistern. Will ich noch eine Schippe drauflegen, wage ich mich zusätzlich noch an eine Tüte Orangensaft – aber dazu muss ich körperlich und mental in Topform sein. Wenn der Verschluss dann endlich knackt, sind Schweiß und Tränen vergessen und das Dopamin zündet ein Feuerwerk bei meinen Neuronen. Einen Totaleinbruch erlebte ich allerdings bei einem Fläschchen Augentropfen. Das Problem: sie erfordern maximale Kraftentfaltung auf minimalem Raum. Meine Finger können nicht genügend Kraft auf die kleine Fläche bringen: sie rutschen sofort ab, und die Kappe, gesichert durch einen perforierten Kunststoffring, bleibt standhaft. Als die Schmerzen in meinen Fingergelenken unerträglich werden, gebe ich erschöpft auf. Ende Gelände. Aber manchmal muss man schummeln, wie beim Klettern. Ich prüfe die Kappe, ob sich eine Zange ansetzen lässt, da knackt es plötzlich.
Auch das gehört zum Älterwerden: wissen, wann Schluss ist, Hilfe in Anspruch nehmen. Wenn meine Generation mal alt ist, wird es viele Feuerwehreinsätze geben. Oder die Apotheken verkaufen bis dahin offene Augentropfen. Verpackungsfrei ist sowieso im Trend.
Diesen Text habe ich im Zug geschrieben. Mein Hals kratzt noch von der letzten Erkältung. Ich ziehe ein Röhrchen Lutschtabletten aus der Tasche. Der Verschluss ist mit einem Kunststoffring gesichert …
Wie er dasitzt
die Beine geschlossen
den Rücken gerichtet
vor sich ein mildes Lächeln abgestellt
bewundernswert
Bewundernswert
mit diesem Alles-ist-gut-Lächeln
um halb sieben
bei zwei Grad
auf der Steinumrandung
in der Bahnhofsunterführung
wenn er
nicht stoned
wäre
oder psychisch angeschlagen
Mein Staunen
braucht eine Zehntelsekunde
um zu Mitleid
zu gerinnen