Zweierlei Maß

Der russische Aggressor wurde mit Recht auf’s Schärfste wegen seiner Kriegsverbrechen in der Ukraine kritisiert und international an den Pranger gestellt. Wenn man hingegen angegriffen wird, scheint es nicht so wichtig zu sein, bei seinen Reaktionen völkerrechtliche Regeln einzuhalten, wie Außenministerin Baerbock gerade kundgetan hat. Mit Blick auf Befürchtungen, bei der erwarteten israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen könnte das Völkerrecht gebrochen werden, sagte sie: „Es ist nicht an uns, jetzt kluge Ratschläge zu geben.“ (Interview bei Brigitte Live, Quelle: ntv.de)

Bemerkenswert, wie sich die deutsche Außenministerin zum Völkerrecht äußert – als handelte es sich dabei um etwas Fakultatives, das man je nach Situation berücksichtigen könne oder nicht.  Keine Rede davon, dass durch die israelischen Luftschläge im Gazastreifen schon jetzt beinahe so viele Menschen getötet wurden wie durch die Terrorakte der Hamas. Und es steht zu befürchten, dass dies erst der Anfang war. 

Einmal mehr erweist sich die deutsche Politik als schizophren, insofern an die israelische Regierung andere Maßstäbe als an andere angelegt werden. “Macht ruhig mal, ihr habt unsere 100%ige Solidarität, von deutscher Seite habt ihr auf keinen Fall mit Kritik zu rechnen, wir stehen kompromisslos hinter euch.” Ich finde, das sollte Baerbock auch den Ukrainern sagen: “Schlagt zu, egal mit welchen Mitteln. Wenn ihr dabei das Völkerrecht brecht – kein Problem: ihr wurdet ja angegriffen.” Die Frage – abgesehen von den Opfern – ist: Auf welchen Werten basiert das, was verteidigt wird, wenn es mit solchen Mitteln verteidigt wird?