Ein neues Feindbild ist geboren: “Putinversteher”. Bin ich ein Putinversteher, weil mir aufstößt, wie der Westen jegliche Mitverantwortung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine brüsk von sich weist? Bin ich ein Putinversteher, weil ich es schon erstaunlich finde, wie weit sich die NATO seit dem Kalten Krieg nach Osten vorgeschoben hat? Bin ich ein Putinversteher, weil ich ein legitimes russisches Sicherheitsinteresse erkenne, das sich gegen Raketen vor der eigenen Haustür wendet?
Werde ich jetzt von manchen – wie aufgrund meiner kritischen Haltung in der Corona-Pandemie – in Richtung AfD gerückt und diffamiert, weil ich mich darüber wundere, wie in den Wochen vor dem russischen Angriff zwar diplomatische Hochbetriebsamkeit herrschte, der Westen meiner Kenntnis nach aber zu keinem Zugeständnis bereit war und dem russischen Diktator damit die propagandistische Steilvorlage für einen Krieg lieferte, in den man selber nicht einzugreifen gedenkt?
Ich kontere mit einem Gegenbegriff, der auch noch nicht allzu alt ist: dem der “Blase”. Ja, ich finde, auch der Westen ist in einer Blase gefangen. Es braucht Menschen, die jenseits der Blase denken und dann Handlungsalternativen finden.
Was rein gar nichts daran ändert, dass dieser Krieg von A bis Z verbrecherisch ist. Ich sage das für alle Fälle, bevor mir jemand vorhält, dass ich das doch zuallererst hätte sagen müssen. Als ob es darüber einen Zweifel geben könnte.