Gut gemeint ist voll daneben

Unter den ersten Kerzen, die gestern am Ort des Münchner Anschlags standen, trug eine die Aufschrift “Nicht alle Geflüchteten sind so”. Was zweifellos stimmt und immer wieder in Erinnerung gerufen werden muss, ist an dieser Stelle doch ganz und gar deplatziert. Im Moment der Trauer, des Schocks und der Wut sofort zu beschwichtigen, heißt die Opfer nicht ernst zu nehmen. Die furchtbare Tat gleich in den Kontext des großen Ganzen einzuordnen, verharmlost und schwächt sie ab und instrumentalisiert sie letzten Endes genauso wie diejenigen, deren Vorschläge zur Migrationspolitik nach jedem Anschlag radikaler werden.

Wer bei den Anschlägen der letzten Wochen verletzt wurde oder jemanden verloren hat, den wird kaum trösten, dass nicht alle Geflüchteten so sind. Er hat ein Recht darauf, wahrgenommen zu werden inmitten der Katastrophe, die unvermittelt über ihn hereingebrochen ist, statt darauf hingewiesen zu werden, es handle sich eben um einen bedauernswerten Einzelfall. Abgesehen davon hinterlässt der Satz einen schalen Geschmack: “nicht alle Geflüchteten” ruft bei mir den Eindruck hervor, dass es wohl doch etliche gäbe, die ähnlich ticken wie der Attentäter. Wie viele sind “nicht alle”?